BGH: Keine Verweisung auf neue Tätigkeit trotz wesentlich höherem Einkommen

Im Dezember 2017 stellte der BGH noch einmal klar, worauf es für die Frage der Verweisbarkeit auf eine neue berufliche Tätigkeit entscheidend ankommt. Viele Versicherer vertreten die Ansicht, entscheidend für die Frage, ob die neue Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung des Versicherungsnehmers entspricht, sei letztlich die Höhe des Verdienstes. Werde in der neuen Tätigkeit ein höheres Einkommen erzielt als in der früheren, die zuletzt in gesunden Tagen ausgeübt wurde, dann dürfe auf diese neue Tätigkeit verwiesen werden, selbst wenn die erforderliche Qualifikation und das Ansehen dieses Berufs geringer seien. Dieser Ansicht hat der BGH eine deutliche Absage erteilt. So betonte er in seiner Entscheidung ausdrücklich, ein Versicherungsnehmer dürfe nicht auf eine neue Tätigkeit verwiesen werden, wenn deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung erfordert als der bisherige Beruf. Denn dann sei die bisherige Lebensstellung nicht gewahrt. Auch wenn der Versicherungsnehmer in der neuen Tätigkeit ein höheres Einkommen erziele, dürfe er nicht auf diese verwiesen werden, wenn diese eine deutlich geringere Qualifikation als die frühere Tätigkeit erfordert und sein früherer beruflicher oder sozialer Status unterschritten werde. Da es an für eine abschließende Sachentscheidung erforderlichen Feststellungen durch das Berufungsgericht fehlte, verwies der BGH das Verfahren nach dorthin zurück.

BGH: Grad der Berufsunfähigkeit ist eine Frage der Gesamtbetrachtung

Am 19.07.2017 erließ der BGH ein verbraucherfreundliches Urteil, dem zu entnehmen ist, dass für die Beurteilung des Grades einer Berufsunfähigkeit nicht allein auf den zeitlichen Anteil der Einzeltätigkeiten abgestellt werden darf, die der Versicherungsnehmer nicht mehr ausüben kann, wenn es sich nicht um eine abtrennbare Einzelverrichtung handelt, sondern diese untrennbarer Bestandteil eines beruflichen Gesamtvorgangs ist. Das Berufungsgericht hatte Ansprüche der Klägerin abgelehnt mit der Begründung, der gerichtlich beauftragte Sachverständige sei nur zu einer Berufsunfähigkeit von 20 % gelangt. Laut BGH wurde für das Urteil rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass die von der Klägerin zu tätigenden Einkäufe nebst Transport der Waren untrennbarer Bestandteil respektive Voraussetzung aller übrigen von ihr geschuldeten Einzelverrichtungen waren. Der BGH entschied nicht selbst, sondern verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück an das Berufungsgericht.

Mehr Geld von der Lebensversicherung – BGH stärkt Rechte der Versicherten

Bereits mit Urteil vom 07.05.2014 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass Versicherungsnehmer auch noch viele Jahren nach Vertragsabschluss dem Zustandekommen ihres Lebensversicherungsvertrags widersprechen können. Dies gilt selbst dann, wenn sie ihren Vertrag bereits gekündigt hatten. Das Urteil war von der Versicherungswirtschaft seit längerem mit Sorge erwartet worden.

Von der Entscheidung betroffen sind Lebensversicherungen und Rentenversicherungen, die im Zeitraum 1994 bis 2007 nach dem so genannten Policenmodell geschlossen wurden, erfasst werden dabei auch fondsgebundene Lebensversicherungen. Nach dem Urteil können Versicherte, die über ihr Widerspruchsrecht gar nicht oder nicht ordnungsgemäß aufgeklärt wurden, den Widerspruch auch jetzt noch erklären(so genanntes ewiges Widerspruchsrecht).

Im entschiedenen Fall hatte der Kläger auf Rückzahlung sämtlicher eingezahlter Beiträge nebst Zinsen geklagt. Mittlerweile ist durch eine ganze Anzahl von Gerichtsentscheidungen – auch des BGH – geklärt, wie sich der Bereicherungsanspruch des Versicherungsnehmers, also der Betrag, den er ausgezahlt verlangen kann, berechnet. Der Anspruch beläuft sich auf die eingezahlten Beiträge abzüglich eines Risikoanteils. Weitere Positionen sind regelmäßig nicht in Abzug zu bringen. Außerdem können Zinsen beansprucht werden. Dies aber nur dann, wenn der Versicherungsnehmer die hohen Anforderungen erfüllt, die einem Urteil des BGH von Anfang November 2015 zu entnehmen sind. Die Hürde, die der BGH insoweit aufgebaut hat, ist nicht leicht zu nehmen. Umso wichtiger ist es, dass sich Versicherungsnehmer von Anfang an fachkundig beraten lassen. Dubiose Vereine, die diese Thematik als wirtschaftliches Betätigungsfeld für sich entdeckt haben und auf Finanzseiten großformatig für sich werben, dürften kaum die richtigen Ansprechpartner sein. Ein Widerspruch sollte auf keinen Fall ohne vorherige Beratung erklärt werden, denn er kann bei bestimmten Vertragskonstellationen ausgesprochen nachteilig sein. Setzen Sie sich für eine erste Einschätzung gerne mit Dr. Tamm in Verbindung. Im Gegensatz zu manch anderen Beratern ist dieser als Rechtsanwälte ausschließlich Ihrem Interesse verpflichtet.

„Regulierungspraxis in der Versicherungswirtschaft“: Anhörung im Bundesjustizministerium am 03.09.2013 offenbart Defizite

Würzburg, 18.09.2013: Am 03.09.2013 fand im Bundesministerium der Justiz in Berlin eine Anhörung zum Thema „Schadensregulierung durch Versicherer“ statt. Dabei wurde unter anderem darüber berichtet, dass sich viele Verbraucher davor scheuen, ihre Ansprüche gerichtlich geltend zu machen. Oft bestehe aber auch bereits eine Scheu davor, sich überhaupt an einen Rechtsanwalt zu wenden und diesen mit der Durchsetzung von Ansprüchen zu beauftragen.

Besondere Probleme bestünden dabei im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung: ohne fachkundige Beratung sei es einem Betroffenen oft schon nicht möglich, seinen Anspruch in richtiger Weise anzumelden, so dass Ansprüche bereits deshalb scheitern können.

Die Anhörung im BMJ bestätigt die Erfahrungen der Kanzlei, die zeigen, dass möglichst bereits die Antragsstellung bei der Berufsunfähigkeitsversicherung in fachkundige Hände gelegt werden sollte, damit eine Ablehnung des Antrags oder auch nur eine verzögerte Bearbeitung weitest möglich vermieden wird.

Besondere Sachkunde ist dabei dann gefragt, wenn Leistungen von einer Krankentagegeldversicherung bezogen werden oder mehrere Berufsunfähigkeitsversicherungen bestehen und womöglich zusätzlich noch Ansprüche gegenüber einem Versorgungswerk in Betracht kommen (z.B. Ärzteversorgung, Versorgungswerke der Rechtsanwälte oder Steuerberater).

Aus diesem Grund vertritt die Kanzlei Dr. Tamm Versicherungsnehmer im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht nur gerichtlich, nachdem ein Leistungsantrag von der Versicherung bereits abgelehnt wurde, sondern bietet eine spezialisierte Betreuung bereits im Antragsverfahren an, bereits ab dem Stadium der Vorbereitung des Leistungsantrags.

Angesichts der existenziellen Bedeutung der Rentenleistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung erscheint das Ergebnis der Anhörung im BMJ, dass offenbar auch in diesem Bereich viele Versicherungsnehmer darauf verzichten, ihre Ansprüche mithilfe eines spezialisierten Anwalts durchzusetzen, aus unserer Sicht sehr bedenklich.

Lesen Sie hierzu auch das Interview der Zeitung Prima Sonntag (Ausgabe vom 29.09.2013) mit Dr. Tamm

 “Ohne Hilfe scheitern viele schon beim Antrag”

ZDF Frontal 21 berichtet über zwei von Rechtsanwalt Dr. Tamm betreute Fälle:

Würzburg, 12.03.2013: Bereits im Dezember 2012 kam der AOK-Krankenhausreport 2013 zu der Feststellung, dass sich die Anzahl der Rückenoperationen in Deutschland im Zeitraum 2005 bis 2011 mehr als verdoppelt hat. Diese Feststellung wird bestätigt durch die Entwicklung der Mandatszahlen der Kanzlei Dr. Tamm in diesem Bereich. Dabei werden sowohl von Krankenhäusern als auch von niedergelassenen, als Belegärzte tätigen Ärzten zunehmend Bandscheibenprothesen implantiert, anstatt eine Versteifungsoperation durchzuführen.

Entsprechend spielen in den von der Kanzlei betreuten Fällen zunehmend Bandscheibenprothesen wie diejenige der Marke Maverick (Medtronic) oder auch der Marke M6 (Spinal Kinetics) eine Rolle. Die von der Kanzlei geltend gemachten Schadensersatzansprüche richten sich dabei sämtlich gegen die Kliniken und Ärzte, die die jeweilige Prothese implantiert haben. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei Bandscheibenprothesen um neuartige Verfahren handelt und der Nutzen von Bandscheibenprothesen sehr umstritten ist, geht es bei den von der Kanzlei betreuten Fällen immer wieder um die Frage der Aufklärungspflichtverletzung sowie um die Frage der Indikation der Operation.

Das ZDF nahm am 12.03.2013 die bedenkliche Entwicklung im Bereich der Rückenoperationen zum Anlass, anhand von zwei durch die Kanzlei Dr. Tamm betreuten, sehr tragischen Fällen über dieses Thema zu berichten (Report “Geschäfte mit Rückenoperationen”):

Krankenhausreport 2013 des AOK-Bundesverbands: Anzahl der Operationen in deutschen Krankenhäusern allgemein stark gestiegen, besonders drastischer Anstieg im Bereich der Wirbelsäulenoperationen

Würzburg, Januar 2013: Bereits Anfang Dezember des letzen Jahres erschien der aktuelle Krankenhausreport 2013 des AOK-Bundesverbands. Aus diesem geht hervor, dass die Fallzahlen im stationären Bereich der ärztlichen Versorgung im Zeitraum 2006 bis 2010 stark gestiegen sind, wobei sich diese Entwicklung, Zitat: „durch die demografische Entwicklung bei Weitem nicht erklären lässt“. Es sei anzunehmen, dass verschiedene monetäre Anreize der DRG-Vergütungssystematik (Vergütung nach Fallgruppen) sich maßgeblich auf die Entscheidungen des Krankenhausmanagements auswirken. (vgl. Zusammenfassung des Reports von Jürgen Klauber, Max Geraedts, Jörg Friedrich und Jürgen Wasem (Hrsg.), Schattauer Verlag) Ein besonders drastischer Anstieg der Operationszahlen war laut Krankenhausreport im Bereich der Wirbelsäulenoperationen festzustellen. So habe sich hier die Anzahl der Operationen im Zeitraum 2005 bis 2010 mehr als verdoppelt (Vgl. Presseerklärung AOK-Bundesverband vom 07.12.2012).

Der im Krankenhausreport festgestellte Anstieg der Wirbelsäulenoperationen wird bestätigt durch die Entwicklung der Mandatszahlen der Kanzlei im Arzthaftungsrecht. Bei einer ganzen Anzahl von Mandaten liegt der Beauftragung eine Operation der Wirbelsäule zugrunde. Dabei spielen Versteifungsoperationen letztlich keine Rolle mehr. Vielmehr geht die Entwicklung augenscheinlich zunehmend in Richtung der Implantation von Bandscheibenprothesen, sowohl im Bereich der Lendenwirbelsäule als auch im Bereich der Halswirbelsäule. Offenbar kommen dabei häufig gerade neuartige/innovative Verfahren zur Anwendung, wie beispielsweise die Implantation von M6-HWS-Bandscheibenprothesen. In einem von der Kanzlei geführten Verfahren wurde eine LWS-Prothese der Marke Maverick implantiert. Die Operation fand im Jahr 2005 statt, die Prothese wurde in Europa erstmals im Jahr 2002 implantiert.

Bei den von der Kanzlei vertretenen Mandanten handelt es sich sämtlich um Frauen, die zur Zeit der Operation noch recht jung waren (Anfang 40 bis Anfang 50) und die daher noch lange Jahre unter den Folgen der mutmaßlich fehlerhaft durchgeführten Operationen zu leiden haben werden. Bei einer Mandantin hatte die Operation eine Querschnittslähmung zur Folge, was sehr deutlich zeigt, dass eine Entscheidung für eine Wirbelsäulenoperation sehr sorgfältig überlegt werden sollte.

Verantwortlich im Sinne des § 10 Abs. 3 MDStV: RA Dr. Burkhard Tamm